Kennt ihr das auch? Diese Tage an denen man das dringende Bedürfnis hat seine Gedanken zu Teilen? Tage, an denen man sich selbst fragt: „Warum tue ich das?“ oder „Warum tue ich dies oder jenes nicht?“
Vergangene Woche habe ich mich ziemlich ausführlich mit einer Grübelei beschäftigt und nach reichlich Überlegungen möchte ich das Ergebnis mit euch teilen.
Den Startschuss gab Amazon, als mir dort so ein schickes Briefpapier über den Weg gelaufen ist. Mein erster Gedanke war: „Ja, mal wieder einen Brief schreiben wäre eine tolle Idee.“ – Folglich liegt das süße Briefpapier jetzt gerade neben mir und wartet sehnsüchtig darauf, geistige Ergüsse (oder was auch immer mir einfallen wird) für den Rest meiner Tage – oder solange die Tinte UV-beständig ist – aufzusaugen und festzuhalten.
Und wie wir Menschen nun mal so sind, tut mein Unterbewusstsein seinen Job. Es hirnt…
Ununterbrochen…
Darüber wem ich schreiben soll. Darüber was ich schreiben soll. Und so weiter und so fort. Endergebnis meiner ungeplanten Überlegungen war derselbe Gedanke wie immer: „Warum eigentlich?“
Und dann: „Warum eigentlich [was]?“

Als Mediengestalterin habe ich mich sowohl während meiner Ausbildung, als auch im folgenden Berufs- und Privatleben viel mit dem Thema Papier und Umwelt beschäftigt. Brauchen wir gedruckte Medien wirklich? Würde ja die Umwelt schonen, wenn wir weniger Papier benötigten (im Prinzip). Digitale Medien sind ohnehin auf dem Vormarsch, sollte man denken.
Um dann festzustellen… Mit meinen 28 Jahren hänge ich schon mitten drin.
Generation Z? – Dafür muss ich nicht in den 2000ern geboren sein. Selbst als Kind der frühen 90er bin ich praktisch, wie der Großteil meiner Generation, in die Digitalisierung, die Schnelllebigkeit, die Werkwerf-Gesellschaft und ja, auch in Whatsapp, Facebook, Instagram und Co. reingewachsen.
In meinem Kopf herrschte dank dieser total verschiedenen Gedankengänge ein absolutes Chaos, gepaart mit gähnender Leere. So richtig war mir nämlich nicht klar, was mir mein Unterbewusstsein mit diesen Ganzen angefangen und nicht zu Ende gedachten Thematiken sagen wollte. Und dann kam mir die Erleuchtung.
Aber kurz zum Weg dorthin…
Ich stehe also in der Mittagspause vor dem Kaffeeautomaten, um festzustellen, der Grund liegt doch auf der Hand. Wieso hast du ihn nicht gleich gesehen? Es gibt zwei Menschen in meinem Leben die ich auf eher unkonventionelle Weise kennengelernt habe, nämlich in einem Online-Game. In dieser Zeit hatte ich ganze drei Möglichkeiten mich dem Internet zu bedienen.
Erstens: Die Wochenenden bei meinem Freund, wenn er nicht gezockt hat, dann war ich es.
Zweitens: Der Rechner im Schulflur, der den Schülern in den Pausen zur freien Verfügung stand (zwei Rechner für 6 Klassen im selben Stockwerk!!).
Drittens: Zwei Stunden Internet pro Tag, dass ich zwischen 17 und 19 Uhr von meinen Eltern zugestanden bekam, denn das gesellschaftliche Miteinander in der „echten“ Welt soll ja nicht auf der Strecke bleiben. – Im Nachgang bin ich für diese Regel wirklich dankbar!
Und egal welche dieser Möglichkeiten ich nutzte, ich verbrachte 99 % dieser Zeit damit zu chatten. Ob nun in Foren, Chat-Räumen oder Online-Games.
Und da waren sie nun, meine zwei Bekanntschaften.
Wir haben damals jede freie Minute genutzt um uns online upzudaten und irgendwie über Entfernungen die über mehrere hunderte Kilometer reichten den Kontakt zu einer mehr oder weniger fiktiven Person aufrechtzuerhalten. Eine Person, die man mochte, aber eigentlich gar nicht kennt. Im Prinzip ist es genau dasselbe wie heute auf verschiedenen Social-Media-Kanälen. Nur der Zeitfaktor ist in die Unendlichkeit geschossen.
Statt zwei Stunden am Tag sind wir nun 24 Stunden am Tag praktisch permanent erreichbar. Smartphone und Tablet sei Dank… Oder?
So haben also schon seit langer Zeit auch meine Bekanntschaften meine Handynummer und seit Anfang des Jahres kann ich auch endlich stolz behaupten, dass ich beide „kenne“. Denn nach 12 Jahren haben ich es endlich mal auf die Reihe bekommen auch Nr. 2 persönlich zu treffen.Und auch das hat mich wieder zum Nachdenken angeregt…
So, let’s rethink.
Warum hat das eigentlich so lange gedauert? Sicher, man weiß, dass der Begriff Freundschaft oder auch andere zwischenmenschliche Beziehungen schwer zu verargumentieren sind, wenn man sich nicht wenigstens einmal persönlich gesehen hat. Nachrichten, in welcher Form auch immer, Fotos, Videos oder was es sonst noch alles gibt um mobil und digital zu kommunizieren geben uns schon lange das Gefühl einem Menschen nahe zu sein auch, ohne sich jemals gegenüber gestanden zu haben. So auch in meinem Fall. Das ist ja auch nicht grundlegend falsch oder schlecht.

Neulich habe ich dann in einem Video vom YouTuber LeFloid einen netten Spruch gesehen, der mir aber wieder vor Augen geführt hat, dass diese ganze Online-Geschichte vielleicht doch nicht immer ist was wir denken. Denn durch die Möglichkeit immer und überall erreichbar und Antwort-bereit zu sein, denken wir weniger über das nach was wir schreiben. Sowohl über den allgemeinen Inhalt, als auch über Grammatik und Rechtschreibung, vor allem aber über gegebenenfalls fehlende Wertschätzung…

Ich muss zugeben, dass ich selbst nach allem, was mir bis zu diesem Punkt so eingefallen ist feststellte, dass ich dadurch nicht unbedingt weniger Zeit in Chats verbrachte, allerdings ist mir aufgefallen, dass ich mehr auf meine Wortwahl achte und auch über Dinge nachdenke wie: „Was würdest du denn sagen oder tun, wenn diese Person jetzt vor dir stünde?“
Und genau da ist der Knackpunkt. Ich und sicherlich auch die Mehrheit der Social-Media-Nutzer, würden im Real-Life niemals mit einsilbigen Antworten wie „OK“, „Jaja“ oder „Hm“ ankommen. Ausgenommen sind hier natürlich echte Nervensägen… Und das meine ich tatsächlich wortwörtlich.
Nun sitze ich also hier und bin zu dem Schluss gekommen häufiger Briefe schreiben zu wollen. Angefangen bei hochwertigem Papier und der Investition einiger, weniger Euros in Briefmarken und Umschläge.
Erst gestern habe ich einem der besagten Freunde von diesem geplanten Blog-Beitrag erzählt und er sagte folgendes: „Es ist süß, wie viele Gedanken du dir machst.“
Erst dachte ich, der will mich verarschen und hatte das Gefühl, dass er sich über mich und meine Idee lustig macht… Auf meine Nachfrage sagte er dann allerdings, dass er es schön findet, dass ich mir über so etwas „banales“ so viele Gedanken mache und auch so viel Mühe und Zeit in meine Gedanken und die Vorbereitung investiere.
Letzten Endes kann ich also (zumindest für mich) behaupten, dass allein die Wertschätzung für etwas handgeschriebenes schon ein Thema ist, über das man vielleicht häufiger nachdenken sollte. Sei es nun ein Brief an einen Freund, eine Geburtstagskarte an die Familie oder eine Postkarte aus dem Urlaub an die Kollegen. Allein die Tatsache sich kurz Zeit zu nehmen, sich hinzusetzen, seinen Lieblings-Stift zu nehmen und ein paar Zeilen zu notieren, die man mitteilen will, ist meiner Meinung nach schon sehr viel Wert. Denn sind wir mal ehrlich… Zeit ist Geld und Geld haben wir bekanntlich ja nicht.
Einen Brief zu schreiben ist, sich die Zeit für seine eigenen Gedankengänge zu nehmen. Also ist es in gewisser Weiße auch Zeit zum Entspannen und auch loslassen von Dingen, die uns belasten. Aber auch Zeit, die man im weitesten Sinn mit dem Menschen verbringt für den der Brief geschrieben wird, denn man denk darüber nach, wie man genau dieser einen Person etwas mitteilen will und nicht, wie sage ich das was ich zu sagen habe einfach „irgendwem“.
Wie seht ihr das?
Nutzt ihr Social-Media-Känale um Kontakt zu anderen zu halten? Sind alle eure Facebook-Freunde wirklich tatsächlich eure Freunde? Schreibt ihr noch Briefe? – Vielleicht hat der ein oder andere hier ja auch noch so etwas wie Brieffreunde aus Kindheitstagen? Mich würde interessieren wie ihr zu dem Thema steht. Haltet ihr es für sinnvoll ab und zu mal Briefe zu schreiben, ist es euch den Aufwand wert oder haltet ihr es für Zeitverschwendung?
Lasst mir gerne eine E-Mail oder einen Kommentar da. Ich freue mich auf eure Meinung.

Es führt kein Weg an der Tatsache vorbei, dass die Handschrift zum Opfer der Digitalisierung wurde. Gleichzeitig haben jedoch die Jünger des Briefeschreibens das handgefertigte Schriftbild zur Kunstform gemacht, quasi zur Kalligrafie für Nicht-Japaner. Diese Entwicklung kann ich gelassen hinnehmen. Das Schöne und das Praktische konkurrieren nicht. Beides hat seine Daseinsberechtigung.
Daneben habe ich eine persönliche Sicht zum Thema. Vor einem halben Jahrhundert habe ich flüssig sehr dekorativ geschrieben und reichlich Komplimente erhalten. Wenn ich heute einen Einkaufszettel mit Bleistift schreiben muss, sieht das aus wie das Arbeiten eines Analphabeten. Kurz: Der Lack ist ab. Heute hacke ich mit drei Fingern auf einem Keyboard herum – und beklage den Verlust meiner Handschrift. Die Kunst bleibt auf der Strecke.
Man muss das händische Briefeschreiben nicht unbedingt zum nationalen Kulturgut erheben.
Aber es ist liebenswert, wenn eine Kompanie Idealisten mit einem Rotring „Kalligrafie“ in der Hand vor Briefpapier sitzt statt vor einem 11-Zoll-Monitor mit irgendeinem Mailsystem.
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Hallo Roland, vielen Dank für deinen Kommentar und deine Meinung zu diesem Thema.
Du hast das wirklich gut auf den Punkt gebracht. Selbstverständlich und da bin ich ganz deiner Meinung, ist es immer eine Frage des Blickwinkels. Es ist ja noch lange nicht gesagt und Gott sei Dank auch nicht in Stein gemeißelt, dass Menschen die lieber auf einer Tastatur tippen, weniger Persönlichkeit in ihre „Werke“ stecken als jene, die von Hand schreiben. Nicht umsonst gibt es so viele, außergewöhnliche Romane, Kurzgeschichte und Light Novels über die ich hier schreiben kann und die (hoffentlich) nicht nur mich zum Schmunzeln, Weinen oder auch mal Nachdenken anregen 🙂
Im Großen und Ganzen: Ja, ich finde es schade, dass weniger mit Papier gearbeitet wird. Das ist sicherlich auch meinem Berufsweg geschuldet. Allerdings ist, wie du auch schon angesprochen hast, damit weder die Kunst noch der Inhalt (worauf auch immer besagtes festgehalten ist) noch lange nicht weniger Wert.
Für mich persönlich spielt hier vor allem der Faktor der Zeit eine ausschlaggebende Rolle. Und nachdem ich, folgend auf diesen Blog, tatsächlich einfach mal zwei unangekündigte Briefe an Freunde versendet habe, kann ich auf jeden Fall sagen: Die Freude war gigantisch. Hätte ich diese Briefe am PC geschrieben und meinetwegen z. B. nur handschriftlich unterzeichnet oder eine handschriftliche Notiz hinzugefügt wäre das aber sicher genauso gut angekommen. Immerhin geht es zum Schluss ja immer um den Inhalt ^^
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